Zollgewinde​

Was ist ein Zollgewinde?

Ein Zollgewinde sieht auf den ersten Blick ähnlich aus wie ein metrisches Regelgewinde. Es handelt sich hier jedoch um eine spezielle Gewindeart, die auf dem anglo-amerikanischen Maßsystem bzw. Imperialsystem basiert. Kein Wunder also, dass das Zollsystem vor allem in den USA und Großbritannien weit verbreitet ist.

Hierzulande finden wir bei Rohrverbindungen in der Sanitär- und Heizungsinstallation noch Überbleibsel der „zölligen“ Systeme, auch wenn diese metrisch definiert sind (wie z.B. die DIN EN ISO 228 für Rohrgewinde). Auch bei Fahrradpedalgewinden werden mitunter Zollgewinde eingesetzt. Flüssigkeitskühler für Leistungshalbleiter, Hochleistungs-Laserdioden oder Computer verwenden oft kegelförmige und zylindrische Rohrgewinde. In Deutschland sind die Größen G1/4“ und G1/8“ besonders gängig, vor allem bei Computerkühlungen.

Unterschiede zwischen metrischem und Zollgewinde

Zollgewinde und metrische Regelgewinde unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Maßeinheiten. Auch die Gewindesteigung wird bei Zollschrauben ganz anderes ermittelt, nämlich in „Threads per Inch“ (TPI). Hier zählt man die Zähne innerhalb eines Zolls Gewindelänge. Das bedeutet: Je höher der TPI-Wert, desto feiner das Gewinde. Beim metrischen ISO-Gewinde hingegen gibt die Steigung die axiale Verschiebung an, die das Gewinde bei einer vollständigen Drehung erfährt. So bewegt sich eine Schraube der Größe M8 bei einer Umdrehung 1,25 mm tief in das Untergrundmaterial.

Die gängigsten Gewindearten: Übersicht Zollgewinde

Es gibt zahlreiche verschiedene Normen bei Zollgewinden, die sich im Laufe der Zeit aufgrund unterschiedlicher technischer und historischer Entwicklungen in den USA und Großbritannien etabliert haben. Im Folgenden sind die wichtigsten Gewindearten aus dem Zollsystem aufgeführt:

Whitworth-Gewinde (BSW – British Standard Whitworth)

Das Whitworth-Gewinde wurde in Großbritannien entwickelt und war eines der ersten genormten Gewindesysteme. Es hat einen Flankenwinkel von 55 Grad. Mit der Zeit wurde das Whitworth-Gewinde speziell für Rohrverbindungen weiterentwickelt und als BSP-Gewinde (British Standard Pipe) standardisiert. Heute werden BSP-Gewinde, die ebenfalls den 55-Grad-Flankenwinkel beibehalten, in Europa vor allem in Rohrsystemen für Wasser- und Gasinstallationen eingesetzt.

UTS-Gewinde (Unified Thread Standard)

Der Unified Thread Standard (UTS) ist eine Gewindenorm, die vor allem in den USA und Kanada verwendet wird. Der Flankenwinkel beträgt, wie beim metrischen ISO-Gewinde, 60 Grad. Es gibt verschiedene Steigungsarten: Das UNC-Gewinde (Unified National Coarse) ist ein Regelgewinde mit einer groben Steigung, während es sich beim UNF-Gewinde (Unified National Fine) um ein Feingewinde mit einer engeren Steigung handelt. UNC-Gewinde eignen sich gut für stärkere Verbindungen in weicheren Materialien und UNF für besonders präzise Verbindungen, häufig in der Luft- und Raumfahrt oder in der Feinmechanik. Spezielle Varianten wie UNEF (extra feines Gewinde) oder UNS (Sondergewinde) kommen bei speziellen Anforderungen zum Einsatz, etwa bei Mikrofon-Ständern.

BSP-Gewinde (British Standard Pipe)

BSP-Gewinde wurden speziell für Rohrverbindungen entwickelt und werden insbesondere in Großbritannien, aber auch international in mehreren Ländern Europas und der Commonwealth-Staaten eingesetzt. Sie kommen häufig im Sanitärbereich vor. Es gibt zwei Haupttypen von BSP-Gewinden: BSPP (British Standard Pipe Parallel) und BSPT (British Standard Pipe Tapered). BSPP-Gewinde sind zylindrisch und erfordern ein zusätzliches Dichtmittel oder einen Dichtungsring, um eine leckagefreie Verbindung zu gewährleisten. BSPT-Gewinde hingegen haben eine konische Form und dichten durch die Gewindeverbindung selbst ab. In der Praxis wird aber auch hier sicherheitshalber mit Teflonband nachgesichert.

NPT-Gewinde (National Pipe Tapered)

Das NPT-Gewinde ist sozusagen das amerikanische Äquivalent zum BSP-Gewinde und wurde ebenfalls für Rohrverbindungen entwickelt. Trotz ähnlicher Funktion sind NPT- und BSP-Gewinde nicht miteinander kompatibel: Zum einen unterscheiden sie sich in der Gewindesteigung und zum anderen beträgt der Flankenwinkel bei NPT-Gewinden 60 Grad anstatt 55 Grad wie beim BSP-Gewinde. Außerdem sind NPT-Gewinde in der Regel konisch, NPS-Gewinde (National Pipe Straight) werden eher selten verwendet. Beim BSP kommen sowohl konische als auch parallele Varianten zum Einsatz.

Tipps zum Umgang mit Zollgewinden

Wer mit internationalen Produkten aus dem Nicht-EU-Ausland arbeitet, muss ggf. auf Zollwerkzeuge und -schrauben zurückgreifen. In der Praxis lassen sich die Schrauben mit Zollgewinde selbst ganz ähnlich verwenden wie metrische Schrauben. Doch auch wenn sie optisch gleichartig erscheinen mögen: Verwechseln Sie die beiden Gewindearten nicht! Hier eine Checkliste über die wichtigsten Punkte im Umgang mit Zollgewindeschrauben und Zollgewinden im Allgemeinen:

  • Generell zur Umrechnung von Zollangaben: 1 Zoll entspricht 25,4 mm.
  • Vorsicht bei Rohrgewinden: Ein 1-Zoll-Rohrgewinde beträgt der Außendurchmesser vom Zollgewinde nicht 25,4 mm, sondern etwas mehr. Das hat historische Gründe, denn früher wurde die Rohrgröße hauptsächlich durch den Innendurchmesser bestimmt. Aufgrund der Materialstärke war jedoch der tatsächliche Außendurchmesser größer – etwa 33,25 mm anstelle der erwarteten 25,4 mm. Diese Maße haben sich bis heute in den Normen durchgesetzt, obwohl die Materialien inzwischen dünner sind und dementsprechen innen viel mehr Platz bieten. Doch durch die Beibehaltung des Systems sind die heutigen Rohrgewinde mit älteren Systemen weiterhin kompatibel.
  • Eine Zollschraube ist nicht mit einer metrischen Mutter kompatibel, selbst wenn der Durchmesser und Steigung ähnlich sind. Dementsprechend können auch nicht metrische Schrauben und Muttern mit Zollgewinde verbunden werden.
  • Um sicherzugehen, ob es sich um ein metrisches oder zölliges Gewinde handelt, ist eine Gewindelehre nützlich. Es gibt spezielle Gewindelehren für Zollmaße, mit denen sich die Anzahl der Threads per Inch überprüfen überprüfen lassen. Diese Schablonen gibt es auch für Schrauben mit metrischem Gewinde.

Zollgewinde: Kernloch bohren

Wer ein Kernloch für ein Zollgewinde bohren möchte, kann eine passende Zollgewinde-Tabelle oder Amerikanische Gewindetabelle zu Rate ziehen – je nachdem, um welches Zollgewinde es sich genau handelt. Die Tabellen berücksichtigen sowohl den Außendurchmesser des Zollgewinde als auch die Anzahl der Gewindegänge (TPI). Ermitteln Sie einfach die jeweilige äußere Gewindekennung und schon können Sie den Bohrdurchmesser für das Kernloch ablesen. Das Gewinde schneiden Sie mit einem speziellen Bohrer, der auf Zollschrauben abgestimmt ist.

Vor- und Nachteile von Zollgewindeschrauben

Ähnlich wie Schrauben mit metrischem Gewinde haben auch Schrauben mit Zollgewinde ihre Vor- und Nachteile. Hier ein Überblick:

Vorteile

  • Die Gewindeabmessungen sind in den „Heimatländern“ der Zollschraube standardisiert. Somit lassen sich Schrauben mit Zollgewinde in den USA, Kanada und Großbritannien leicht miteinander austauschen und mit anderen Bauteilen mit Zollmaßen kombinieren – sofern die genaue Variante des Gewindes übereinstimmt, also z. B. Whitworth, BA- oder NPT.
  • Zollschrauben werden oft in Bereichen eingesetzt, in denen grobe Abmessungen üblich sind, wie etwa bei großen Maschinen de rim Bauwesen. Die Einteilung des Zolls in einfache Bruchteile wie ¼, ½ oder ¾ macht die Größenangaben übersichtlich für diejenigen, die mit Zollmaßen vertraut sind.
  • Zollschrauben mit grobem Gewinde, wie etwa UNC-Schrauben, neigen wenig zu Materialverschleiß oder Materialausbrüchen bei Stößen oder Erschütterungen. Durch die größere Gewindesteigung haben UNC-Schrauben oft höhere Toleranzen und verzeihen kleine Ungenauigkeiten bei der Fertigung oder beim Einbau. Feinere Zollschrauben, wie UNF-Schrauben, bieten eine höhere Festigkeit und lösen sich weniger schnell bei Vibrationen. Sie sind jedoch bei hohen Stoßbelastungen etwas empfindlicher.

 

Nachteile

  • Schrauben mit Zollgewinde sind nicht kompatibel mit metrischen Schrauben, die insbesondere in Europa sehr verbreitet sind.
  • Aufgrund der optischen Ähnlichkeit besteht Verwechslungsgefahr. Wer metrische und zöllige Bauteile miteinander verschraubt, kann das Gewinde beschädigen oder eine unsichere Verbindung schaffen.
  • Für sehr feinfühlige und präzise Arbeiten ist das metrische System, das auf Millimetern basiert, oft genauer und einfacher zu handhaben. Bei Zollschrauben kann es durch das Arbeiten mit Bruchteilen wie 1/4 oder 3/8 bei der Umrechnung zu Fehlern kommen. Es gibt jedoch für die verschiedenen Zollgewinde Tabellen, die das Umrechnen übernehmen.

Zollgewinde bei fischer

fischer bietet u.a. die Massivrohrschelle FRSM, eine zweischraubige Rohrschelle mit einem 1/2“ Anschlussgewinde. Die Anschlussmutter mit Zollgewinde sorgt für eine stabile Rohrbefestigung mit erhöhter Biegefestigkeit. Insgesamt setzt fischer jedoch den Fokus auf metrische Gewinde anstatt auf Zollgewinde.

Häufig gestellte Fragen

Welche Arten von Zollgewinden gibt es?

Zollgewinde gibt es in mehreren Ausführungen, die je nach Anwendung und Region unterschiedlich verbreitet sind. Hier ist eine Übersicht der wichtigsten Zollgewindearten:

  • UNC (Unified National Coarse): Grobgewinde, das in vielen allgemeinen Anwendungen genutzt wird. 
  • UNF (Unified National Fine): Feingewinde für höhere Spannkraft und präzisere Verbindungen.
  • UNEF (Unified National Extra Fine): Noch feinere Gewindesteigung, für spezielle, hochpräzise Anwendungen.
  • UNS (Unified National Special): Spezialgewinde, wenn Standardgewindegrößen nicht passen.
  • UNJ (Unified National J): Gewinde mit verstärkter Wurzelrundung, häufig in Luft- und Raumfahrt verwendet.
  • BSP (British Standard Pipe): Für Rohrverbindungen, besonders in Großbritannien und einigen anderen Ländern verbreitet.
  • NPT (National Pipe Tapered): Kegeliges Gewinde für Rohrverbindungen, besonders in den USA gängig.
  • NPS (National Pipe Straight): Zylindrisches Rohrgewinde mit parallel verlaufenden Gewindegängen, das nicht von selbst abdichtet und den Einsatz von zusätzlichen Dichtmitteln erfordert.
  • Whitworth-Gewinde: Historisches Zollgewinde, das vor allem bei Rohrverbindungen noch verwendet wird.
  • ACME-Gewinde: Breites, trapezförmiges Gewinde für Kraftübertragungen in Maschinen. Gibt es inzwischen auch in metrischer Form.

Warum verwendet man in einigen Ländern noch Zollgewinde, obwohl das metrische System weiter verbreitet ist?

Zollgewinde werden in Ländern wie den USA und Großbritannien aufgrund historisch gewachsener Industriestandards weiterhin verwendet. Viele Industrien, etwa in der Luftfahrt und im Maschinenbau, basieren auf Zollnormen und eine Umstellung auf das metrische System wäre kostspielig und komplex.

Die Verwendung von Zollgewinden sorgt außerdem dafür, dass sie mit älteren Systemen und internationalen Partnern kompatibel bleiben.

Wie unterscheiden sich Schrauben mit Zollgewinde von metrischen Schrauben?

Beim Zollgewinde werden Durchmesser und Steigung in Zoll gemessen, die Steigung als „Threads per Inch“ (TPI). Je höher der TPI-Wert, desto feiner das Gewinde. Metrische Gewinde geben die Steigung in Millimetern an.

Gibt es einen Unterschied zwischen britischen und amerikanischen Zollgewinden?

Ja, britische Zollgewinde (wie BSP) und amerikanische Zollgewinde (wie UNC und NPT) unterscheiden sich in Gewindeprofil, Steigung und Verwendungszweck, insbesondere bei Rohrverbindungen.

Wie kann ich ein Zollgewinde bestimmen?

Wer häufiger mit Zoll- oder metrischen Schrauben arbeitet, sollte sich idealerweise für beide Arten eine Gewindelehre oder Gewindeschablone anschaffen. Es gibt hierzu sogar Gewindelehren mit Schablonen für beide Maßsysteme.

Sind Zoll und Inch das Gleiche?

Ja, Zoll und Inch bezeichnen dasselbe Maß. Inch ist lediglich die englische Übersetzung. Ein Zoll (oder Inch) entspricht 2,54 cm (25,4 mm). Die Länge eines Zolls basiert übrigens auf der Daumenbreite eines erwachsenen Mannes und stammt noch aus dem Mittelalter. Die genaue cm-Angabe wurde jedoch erst im 20. Jahrhundert festgelegt.

Welche Steigung hat ein Zollgewinde?

Zollgewinde messen die Steigung in Gewindegängen pro Zoll (TPI) – es werden also die Gewindegänge auf einem Zoll (25,4 mm) gezählt. Ein Beispiel: Bei einem 1/4“-20 UNC-Gewinde beträgt die Steigung 20 Gewindegänge pro Zoll. Die Steigung in Millimetern wäre etwa 1,27 mm pro Gewindegang (25,4 mm geteilt durch 20). Zum Vergleich: Eine metrische Schraube mit M6-Gewinde hat eine Steigung von 1,0 mm, das heißt, der Abstand zwischen zwei Gewindegängen beträgt genau 1 mm.

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